zu Rob R. Ros' exhibition_ism, 2024 von Heather Sheehan
English version below
Unser Werbemodel zeigt Ihnen jetzt, was Sie gewinnen können! Als junges Mädchen in den 70er Jahren in Amerika sah ich diese Fernsehspielshow und bewunderte die hübsche Dame, die tagsüber ein Abendkleid trug und verführerisch den Türgriff eines Kühlschranks berührte, während sie ausdruckslos in die Kamera lächelte. Später ahmten wir sie ironisierend zusammen mit jungen Kunststudenten nach, in der Hoffnung, dadurch die Bedeutung unserer eigenen Arbeit zu steigern. Das Spiel besänftigte unser unsicheres Ego, indem es das glorifizierte, von dem wir fürchteten, es zu wenig zu haben.
Wenn wir etwas schufen, von dem unsere Familie nicht verstand, warum wir unsere Zeit damit verschwendet hatten, etwas, das unsere Seele dem ungehinderten Spott aussetzen konnte, bewaffneten wir uns mit Kostümen. Wir versteckten unsere Ängste hinter einer Maske aus Make-up und einer Wolke aus Haarspray. Wir trugen zu viel Eyeliner und Lippenstift auf, HighHeels und Röcke deuteten an, was sie verbergen sollten. Je größer die Unsicherheit, desto dicker die Wimperntusche. Oh ja, wir stellten uns in Pose, um die Hauptattraktion zu sein, und wie die Assistenten eines Zauberers lenkten wir die Aufmerksamkeit WEG vom Kunstwerk, das wir so gerne gesehen haben wollten. Wir hatten noch nicht gelernt, dass der Kühlschrank nicht von einer Schönheitskönigin präsentiert werden muss, um geschätzt zu werden.
Wenn ich nun sehe, wie Frauen versuchen, sich als ernsthafte Künstlerinnen zu präsentieren, indem sie mit ihren eigenen Werken sexualisierte Posen einnehmen, ertönt ein ohrenbetäubender Schrei aus meiner feministischen Seele: STOPP! Ist es ihr Ziel, Bilder oder ihren Körper zu verkaufen? Vielleicht lässt sich ein Kunsthändler überzeugen und schlägt „eine für beide Seiten vorteilhafte Beziehung“ vor. Könnte es sein, dass sich diese Frauen ihre Optionen offen halten, falls es mit der Kunst nicht klappt? Vielleicht wird eine bescheidene Modelkarriere oder ein Heiratsantrag von einem Widerling ihre Belohnung sein? Traurigerweise habe ich all das schon erlebt.
Aber da ich meine Karriere vor der Einführung des Selfies begonnen habe, sind meine Jahre mit langen Haaren, Push-up-BHs und riesigen Ohrringen, die ich auf meinen eigenen Vernissagen trug, zum Glück nicht mehr sichtbar. Ich hatte die Kunst gemeistert, so zu tun, als wäre ich jemand, der ich nicht war. Diese Fähigkeit wurde schließlich die Grundlage meiner Praxis. Jetzt kann ich hinter meinen Kunstwerken stehen.
Als ich diese Arbeiten von Rob R. Ros zum ersten Mal sah, spürte ich das entwaffnende Gefühl, dass meine frühere Scham aufgedeckt wurde. Ich wollte ihn, einen Mann, dafür verantwortlich machen, dass Frauen zu Objekten gemacht werden. Ich nahm an, dass er sich diese Bilder ausgedacht und ausgeheckt hatte, um sich über Frauen wie mich lustig zu machen. Umso beunruhigter war ich, als ich erfuhr, dass die Grundlage für diese Serie von Rob R. Ros reale Fotos sind, die wirkliche Malerinnen gepostet haben. Meine Reaktion darauf war: Wie peinlich!
Doch die Serie Rob R. Ros: exhibition_ism, 2024, ist keine grausame Manipulation durch einen Mann. Ros hat aktuelle Posts zeitgenössischer Malerinnen ausgewählt. Obwohl wir nicht wissen können, ob die Frauen für einen Selbstauslöser oder für einen Freund posierten, haben sie sich höchstwahrscheinlich dafür entschieden, sich auf diese Weise mit ihren Arbeiten zu präsentieren, damit alle Welt sie sehen kann: nackte Beine baumelnd, das Gesäß ausgestreckt, den Pinsel zwischen den Lippen. Ros maskierte ihre Bilder und ihre Gesichter, um sie unkenntlich zu machen. Er neutralisierte die Farben auf Schwarzweiß, das von der Textur der Punktmatrix ähnlich des Zeitungsdrucks durchdrungen ist. Die Serie, die Rob R. Ros zusammengestellt hat, zeigt nicht mit dem Finger auf eine bestimmte Person. Diese Arbeiten spiegeln uns den Beweis für ein gesellschaftliches Phänomen wider. Die unschuldigen Subjekte sind vor Entdeckung geschützt, und doch kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand von der Provokation dieser Arbeiten verschont bleibt.
Mit exhibition_ism, 2024, bietet uns Rob R. Ros eine Brecht’sche Möglichkeit, das Rollenspiel zu betrachten, das wir alle gewählt haben. Er entlarvt die Fehltritte auf dem Weg zu unserer eigenen Individuation. Jeder, der mutig genug ist, das Risiko einzugehen, sich lächerlich zu machen, indem er seine menschlichen Schwächen mit einer Welt von Fremden teilt, kennt das unangenehme Gefühl der Gefahr. Nimm deine Haarbürste! Rob R. Ros schaut zu!
on Rob R. Ros's exhibition_ism, 2024 by Heather Sheehan
Our spokesmodel will now show you what you can win! Watching that TV
game show as a young girl in the American 70's, I admired the pretty lady dressed in an evening gown in the daytime who seductively fondled the door handle of a refrigerator as she smiled blankly into the camera. Later, together with young art student friends, we would imitate her ironically, hoping to boost the importance of our own work. The game soothed insecure egos by glamorizing what we feared we were lacking.
When we created something that our family did not understand why we had wasted our time on, something that could bare our very soul to unhindered ridicule, we armed ourselves with costume. We hid our fears behind a mask of make-up and a cloud of hairspray. We put on too much eyeliner and lipstick, high hells and skirts hinting at what they were there to hide. The greater the insecurity, the thicker the mascara. Oh, yes, we posed ourselves to be the main attraction and, like a magician's assistant, we called attention AWAY from the very art work we so wished would be seen. We hadn't yet learned that the refrigerator didn't need to be presented by a beauty queen in order to be prized.
Now, when I see women attempting to present themselves as serious artists by striking sexualized poses with their own works, a deafening cry rings from my feminist soul: STOP! Is it their goal to sell paintings or sell their bodies? Perhaps an art dealer will be won over and suggest "a mutually beneficial relationship." Could these women be keeping their options open in case the art thing doesn't work out? Maybe a lowly modeling career or a marriage proposal from a creep will be their reward? Sadly, I have known all of these.
But thankfully, having started my career before the introduction of the selfie, my years of big hair, push-up bras and enormous earrings, that I wore to my own art openings, are no longer to be seen. I had mastered the art of pretending to be someone I was not. Eventually, that skill became the basis for my practice. Now, I can stand together with my art works and partner in their presentation.
So when I first saw these works by Rob R. Ros, I felt the disarming sense of my past shame being exposed. I wanted to blame him, a man, objectifying women. I assumed that he had conceived and concocted these images to poke fun at women like me. Yet, I was all the more disturbed to learn that the basis for these Rob R. Ros works are real photographs that actual female painters have posted. My response was: How
Embarrassing!
But the Rob R. Ros series: exhibition_ism, 2024, is not a cruel man's manipulation. Ros has selected actual posts from contemporary female painters. Although we can not know if the women were posing for a self-timer or for a friend, in all likelihood they chose to present themselves in this way with their work for all the world to see: bare legs dangling, buttocks extended, paintbrush between lips. Ros masked their paintings and their faces to render them unidentifiable. He neutralized the colors to a softened black and white, suffused with the texture of a news printer's dot matrix. The series Rob R. Ros has composed is not pointing a finger at any one person. These works mirror back at us evidence of a social phenomenon. The innocent subjects are protected from detection and yet, I can't imagine anyone is left unscathed by the provocation of these works.
With exhibition_ism, 2024, Rob R. Ros offers us a Brecht-like chance to look at the roleplaying game we each chose to engage in. He unmasks the missteps along the way in our own individuation. Anyone brave enough to risk the ridicule of sharing their human vulnerabilities to a world of strangers knows the awkward sense of peril. Grab your hairbrush! Rob R. Ros is watching!